Was bedeutet COVID-19 für mein Unternehmen?

Das Covid-19-Virus hält derzeit die Welt in Atem. Während sich Zeitungsberichte vor allem mit dessen Ausbreitung beschäftigen, möchten wir einige Fragen ansprechen, die sich Unternehmen stellen sollten.

Ich oder ein Partnerunternehmen kann wegen des Coronavirus einen Vertrag nicht mehr erfüllen – was tun?

Aufgrund des Infektionsrisikos steht weltweit schon ein Großteil der Fabriken still. Viele Lieferketten für die verschiedensten Produkte sind unterbrochen, was zu Millionenverlusten führt. Was also tun, wenn mein Unternehmen betroffen ist? Wie so oft lohnt sich ein genauer Blick auf die Faktenlage und die Vertragsklauseln.

Ist das Coronavirus höhere Gewalt?

Verträge zwischen Unternehmen enthalten typischerweise eine Klausel für Fälle von höherer Gewalt (vis major auf Juristenlatein oder force majeure auf Juristenfranzösisch und -englisch).
Aufgrund seiner unvorhersehbaren und unkontrollierbaren Natur wird das Coronavirus in vielen Fällen die Definition von höherer Gewalt erfüllen. Jedoch muss man sich ganz genau
ansehen, wie vis major im Vertrag umschrieben ist und ob Infektionen im konkreten Fall wirklich unvorhersehbar und unkontrollierbar waren oder der Vertragspartner viel mehr hätte
tun können bzw. müssen, um die Auswirkungen des Virus einzudämmen.

Forewarned is forearmed

Liegt höhere Gewalt vor, kann der Vertrag eine Reihe an Möglichkeiten für die Vertragspartner vorsehen. Diese reichen von Vertragsanpassungen an die neue Situation bis hin zum Recht, den ganzen Vertrag zu kündigen. Es sind jedoch allfällige Benachrichtigungs- und Kündigungsfristen zu beachten. Da im Falle eines Werksstillstands jeder Tag zählt, lohnt es sich, seine Verträge so früh wie möglich zu prüfen. Ist vis major nicht gegeben, kann ein Vertrag allenfalls vom Wegfall der Geschäftsgrundlage betroffen sein. Ob das der Fall ist, hängt stark von der konkreten Faktenlage ab. Wer Nachteile aufgrund des Coronavirus befürchtet, sollte außerdem seine Versicherungspolizzen genau studieren, um im Vorhinein zu wissen, welche Schäden gedeckt sind und welche nicht.

Ausländisches Recht ist anwendbar – was bedeutet das für mich?

In internationalen Verträgen wird mit Rechtswahlklauseln regelmäßig vereinbart, dass das Recht eines anderen Staates anwendbar ist. Dabei ist zu bedenken, dass sich das Vertragsrecht in Ländern der Common Law Rechtstradition wie z.B. den USA, dem UK, Indien und Hong Kong grundlegend von dem in Kontinentaleuropa unterscheidet. Gerade im Falle der Nichterfüllung eines Vertrages sind die Gegensätze - was die rechtlichen Möglichkeiten der Vertragspartnerbetrifft - besonders ausgeprägt.

Unser Partner Prof. Franz Heidinger, LL.M. (Virginia) ist Experte für Angloamerikanisches Recht und hat schon eine Reihe von Fachbüchern zu diesem Thema geschrieben. Das macht ihn zum perfekten Ansprechpartner in diesen Belangen.

Coronavirus – welche Rechte haben Arbeitnehmer?

Ein Arbeitnehmer steht unter Quarantäne und kann nicht zur Arbeit kommen. Muss ich ihn weiterhin bezahlen?

Das Epidemiegesetz legt fest, dass im Fall einer Quarantäne das Entgelt weiterhin bezahlt werden muss. Der Arbeitgeber hat jedoch Anspruch auf Kostenersatz beim Bund. Für die Geltendmachung ist ein Antrag binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, zu stellen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Antragstellung. Bleibt der Arbeitnehmer wegen des Coronavirus zuhause, ohne dass Quarantäne verhängt wird, liegt ein normaler Krankenstand vor.

Bin ich als Arbeitgeber verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus zu ergreifen?

Den Arbeitgeber trifft eine generelle Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern. Wenn daher eine konkrete Ansteckungsgefahr im Betrieb besteht, hat der Arbeitgeber alles Zumutbare zu unternehmen, um das Infektionsrisiko zu minimieren.

Ein Arbeitnehmer fürchtet sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus und bleibt einfach zu Hause. Muss ich ihn weiterhin bezahlen?

So eine Angst muss sachlich gerechtfertigt sein, beispielsweise wenn es bereits zu einer Ansteckung im Unternehmen kam. Nur weil es mittlerweile Infektionen gibt, wird es dem Arbeitnehmer in der Regel dennoch zumutbar sein, in die Arbeit zu gehen. Gegebenenfalls könnte sogar ein Fall von Arbeitsverweigerung vorliegen, was bis zur Entlassung führen kann.

Ich entscheide aufgrund des Infektionsrisikos mit dem Coronavirus, dass meine Arbeitnehmer zu Hause bleiben sollen. Muss ich sie weiterhin bezahlen?

Der Arbeitnehmer muss seine Arbeit nur anbieten, der Arbeitgeber kann diese aber ablehnen, jedoch nicht den Arbeitnehmern ihr Entgelt vorenthalten.

Schulen und Kindergärten werden aufgrund des Infektionsrisikos geschlossen und meine Arbeitnehmer müssen zu Hause bleiben, um auf ihre Kinder aufzupassen. Welche Ansprüche haben diese Arbeitnehmer?

Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf Pflegefreistellung (gemeinhin unter der irreführenden Bezeichnung „Pflegeurlaub“ bekannt), welche die Entgeltfortzahlung beinhaltet. Solange der Anspruch auf Pflegefreistellung (bis zu sieben bzw. zehn Tage) nicht aufgebraucht ist, müssen die Arbeitnehmer nicht auf ihren Urlaub zugreifen. Die Pflegefreistellung besteht neben dem Urlaubsanspruch und wird diesem nicht zugerechnet. Voraussetzung für eine Pflegefreistellung
ist eine Verhinderung aus wichtigem persönlichem Grunde, der gegeben ist, wenn man ansonsten Kinder, bei denen das noch nicht altersgerecht ist, ohne Aufsicht zu Hause lassen müsste.

 

 

Franz J. Heidinger/Christian Eber