Im Sommer 2024 hat die Europäische Union mit der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD - Corporate Sustainability Due Diligence Directive) einen bedeutenden Schritt hin zu nachhaltigeren Lieferketten in Europa gesetzt. Dieses Gesetz verpflichtet besonders große Unternehmen, sowohl innerhalb der EU als auch im Ausland, sich für die Einhaltung von umfangreichen Umwelt- sowie Menschenrechtsstandards in ihren gesamten Liefer- und Wertschöpfungsketten einzusetzen.
Konzeptionell baut die CSDDD auf dem bereits existierenden deutschen Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) auf, wobei ihr Regelwerk insbesondere im Bereich des Umweltschutzes noch weiter gefasst ist. Zudem ist die Richtlinie im Einklang mit bereits bestehenden internationalen Guidelines der Vereinten Nationen sowie der OECD. Für das Regelwerk der CSDDD werden die Pflichten aus internationalen Umweltabkommen bezüglich der Herstellung, dem Transport sowie der Verwendung und Behandlung bestimmter Chemikalien und ihrer Abfälle herangezogen. Zu den durch die Richtlinie erweiterten Umweltstandards zählt insbesondere die Verpflichtung zu chemikalienbezogenen Sorgfaltspflichten, wodurch Unternehmen beispielsweise nun auch den Umgang mit Chemikalien in ihren Lieferketten regeln müssen für eine sicherere und umweltfreundlichere Handhabung. Ein wichtiger Augenmerk liegt auch auf dem Schutz der Biodiversität. Demnach besteht eine Verpflichtung zum Schutz der biologischen Vielfalt in besonders geschützten Gebieten sowie der Meere. Ein weiterer zentraler Punkt der Richtlinie ist ein Klimaschutzplan, welcher die Verpflichtung der Unternehmen, einen Plan zur Minderung ihres Einflusses auf den Klimawandel zu erstellen und dessen Umsetzung enthält. Durch einen vorhandenen Klimaschutzplan soll sichergestellt werden, dass das Business Model und die Strategie des Unternehmens mit dem Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius und der Erreichung der europäischen Klimaneutralitätsziele im Einklang stehen.
Die CSDDD konkretisiert darüber hinaus die Sorgfaltspflichten der Unternehmen in Bezug auf deren Reichweite, die verstärkten Anforderungen an die Risikobewertung sowie der regelmäßigen Überprüfung der Maßnahmen mittels Berichterstattung. Folglich müssen Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten auf alle Aktivitäten in ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette anwenden und nicht bloß auf direkte Zulieferer. Weiters müssen detailliertere Risikobewertungen durchgeführt und geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung vorgenommen werden. Diese sogenannten Sorgfaltssysteme müssen regelmäßig überprüft und die Aktivitäten mittels Berichterstattung dokumentiert werden. Im Bereich der zivilrechtlichen Haftung führt die CSDDD eine explizite Haftung für jene Unternehmen ein, die gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen. Dadurch wird ermöglicht, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden innerhalb der Lieferkette die Unternehmen unmittelbar vor Gericht zu verklagen.
Für den Wirkungsbereich der neuen Richtlinie gelten Ausnahmeregelungen für bestimmte Unternehmen sowie eine gestaffelte Einführung. Dadurch sind jene Unternehmen, welche bereits der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) unterliegen, von der Pflicht zur jährlichen Berichterstattung über ihre Sorgfaltspflichten befreit. Außerdem gilt die CSDDD für EU-Unternehmen mit mehr als 1.000 ArbeitnehmerInnen (AN) und einem jährlichen Nettoumsatz von mehr als 450 Mio. €. Für ausländische Unternehmen gilt die Richtlinie dagegen bereits, wenn sie mehr als 450 Mio. € Nettoumsatz in der EU generieren. Das Inkrafttreten der CSDDD soll gestaffelt in drei Phasen erfolgen und muss zwei Jahre nach Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden:
- Phase 1 (ab 2027): Unternehmen mit mehr als 5.000 AN und über 1,5 Mrd. € Netto-Jahresumsatz
- Phase 2 (ab 2028): Unternehmen mit mehr als 3.000 AN und über 900 Mio. € Netto-Jahresumsatz
- Phase 3 (ab 2029): Alle Unternehmen mit den oben genannten Schwellenwerten
Im Ergebnis ist die CSDDD ein wichtiger Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit innerhalb europäischer Lieferketten. Sie verpflichtet Unternehmen dazu, Verantwortung für ihre menschenrechtlichen und ökologischen Auswirkungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu übernehmen und trägt dazu bei, dass die betroffenen Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen und im Einklang mit dem Umweltschutz hergestellt werden.
Für den Fachbereich: RA Dr.in Alix Frank-Thomasser / Jakob Brandstätter