Der Oberste Gerichtshof hat sich jüngst mit der Thematik einer Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag einer österreichischen Kommanditgesellschaft befasst, welche die Zuständigkeit in Streitsachen über Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vor das Schiedsgericht verlagert nach Maßgabe einer eigens beschlossenen Schiedsgerichtsordnung. Demzufolge wurde ein Beschluss, der bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung gefasst wurde, von rund 19 Gesellschaftern der KG auf dem Schiedsweg angefochten und in weiterer Folge vom Schiedsgericht für unwirksam und nichtig erklärt.
Die KG als Klägerin vor dem OGH begehrte in der Entscheidung 18 OCg 3/22y die Aufhebung des Schiedsspruchs mit der Begründung, dass der Aufhebungstatbestand des § 611 ZPO bzw. in concreto hier § 611 Abs. 2 Z 7 ZPO erfüllt ist, da eine Beschlussmängelstreitigkeit bei einer Personengesellschaft als Grundlage des Rechtsstreits ohne hinreichende Beteiligung von allen Gesellschaftern nicht objektiv schiedsfähig sei. Der OGH hielt in seiner Entscheidung fest, dass im Falle von Beschlussmängelstreitigkeiten die hinreichende Beteiligung von allen Gesellschaftern sowie deren Mitwirkungsrechte, welche bereits in der Schiedsvereinbarung festgehalten sein müs sen, eine Grundvoraussetzung darstellen, um Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein zu können. Damit Beschlussmängelstreitigkeiten objektive Schiedsfähigkeit besitzen, müssen Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen somit künftig besondere Voraussetzun gen erfüllen. Es besteht Grund zur Annahme, dass nur wenige dieser Klauseln aktuell diesen Anfor derungen genügen, weshalb ein dringender Handlungsbedarf für Gesellschafter von Personen- und Kapitalgesellschaften besteht, um auch weiterhin interne Gesellschafterstreite vor Schiedsgerichten anstatt den ordentlichen Gerichten auszutragen. Der angefochtene Beschluss betraf eine Erhöhung des Haftkapitals der KG um das Achtfache sowie den Beitritt einer weiteren Kommanditistin, welche diese enorme Erhöhung allein und unter Ausschluss des Bezugsrechts durch bestehende Gesellschafter stemmen sollte. Dadurch kam der neu beigetretenen Kommanditistin eine Vormachtstellung zu aufgrund der mehr als 80% betragenden Beteiligung. Aufgrund dieser Entwicklung hat eine größere Gruppe der Gesellschafter, jedoch nicht alle, die Anfechtung des Beschlusses auf Feststellung der Nichtigkeit vor dem Schiedsgericht – wie es im Gesellschaftsvertrag vorgesehen war – in die Wege geleitet. Der in weiterer Folge ergangene Schiedsspruch hielt die Nichtigkeit der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse fest und erklärte diese für unwirksam. Die in diesem Verfahren unterlegene KG begehrte darauf hin die Aufhebung des Schiedsspruchs nach § 611 Abs. 2 Z 7 ZPO vor dem OGH.
Primär bezog sich die Gesellschaft dabei auf die hinreichende Ausübung der Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte aller Gesellschafter, welche bereits in der Schiedsklausel des Gesellschaftsvertrages angelegt sein müssen, wobei auch eine spätere Einräumung, während dem Verfahren ungenügend ist, um eine objektive Schiedsfähigkeit im Falle von Beschlussmängelstreitigkeiten zu garantieren. Die KG war der Ansicht, dass diese nicht gegeben sei, aufgrund der lediglich teilweisen Initiative der Gesellschafter. Denn ohne derartige Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte, welche besonders die Einbindung der Gesellschafter in die Konstituierung des Schiedsgerichts gewährleisten müssen, könne der Schiedsspruch keine Wirkung gegenüber den Gesellschaftern entfalten. Im Ergebnis erklärt der OGH mit seiner Entscheidung, dass betroffene Schiedsklauseln – wie oben erläutert – und daraus resultierende Gesellschafterbeschlüsse, nichtig sind. Weiters führte der OGH aus, dass die in Art 6 EMRK verankerten Grundsätze des fairen Verfahrens lediglich dann gewahrt sind, wenn sämtliche Gesellschafter in ausreichendem Umfang vom Schiedsverfahren in Kenntnis gesetzt wurden sowie an der Konstituierung des Schiedsgerichts mitwirken konnten.
Als Ergebnis dieser Entscheidung ist daher festzuhalten, dass eine Schiedsklausel fortan eine entsprechende Ausgestaltung auf weisen muss, um den objektiv schiedsfähigen Anspruch auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit durch Gesellschafter eines Gesellschafterbeschlusses zu ermöglichen. Als Mindestvoraussetzungen gelten fortan:
Ansonsten droht – wie diese Entscheidung des OGH deutlich hervorhebt – eine Aufhebung des Schiedsspruches aufgrund mangelnder objektiver Schiedsfähigkeit. Die praktische Bedeutung dieser Entscheidung ist besonders umfangreich, da nun sämtliche anhängige Schiedsverfahren über Beschlussmängelstreitigkeiten in Personen- oder Kapitalgesell schaften betroffen sind, wenn die verfahrensgegenständliche Streitsache eine ungenügend genau definierte Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag betrifft. Der objektiven Schiedsfähigkeit einer Schiedsklausel kommt zweierlei Bedeutung zu, zum einen ist sie die Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Vereinbarung, andererseits sieht das New Yorker Übereinkommen in Artikel IV 2a vor, dass das Fehlen der objekti ven Schiedsfähigkeit nach dem Recht des Vollstreckungsstaates einen amtswegigen Grund darstellt, die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs zu verweigern.
Da es mit an Sicherheit grenzen der Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft Beschlussmängelstreitigkeiten geben wird, stellt die Entscheidung des OGH somit sicher, dass derartige Streitgegenstände auch weiterhin vor den Schiedsgerichten abgehandelt werden können. Demnach ist es äußerst empfehlenswert, eine bestehende gesellschaftsvertragliche Schiedsklausel einer genauen juristischen Prüfung zu unterziehen, um deren Gültigkeit in einem allfälligen Schiedsverfahren zu garantieren. Eine an die aktuelle Judikatur angepasste Musterschiedsklausel des Vienna International Arbitral Centre (VIAC) ist aktuell nicht vorhanden. Weshalb eine baldige Anpassung dieser Umstände, um auch den bereits vorhandenen Gegenstücken an derer internationaler Schiedsgerichtlichen Institutionen nachzuziehen, sehr wünschenswert ist.
Für den Fachbereich:
RA Prof. Franz J. Heidinger / Jakob Brandstätter