Im Zivilverfahren sieht die österreichische Rechtsordnung im Vergleich zu Strafverfahren grundsätzlich keinen allgemeinen Kostenersatz vor. Einzig in § 393a StPO findet sich ein „Beitrag zu den Kosten der Verteidigung“, allerdings ist dieser zum einen in keiner Weise mit kostendeckenden Maximalbeträgen begrenzt, zum anderen wird dieser in der Praxis kaum zugesprochen. Die vor der Neureglung geltende Rechtslage lies im Falle der Einstellung des Ermittlungsverfahrens erst recht keinen Kostenbeitrag zu. Dadurch muss der Beschuldigte, diejenigen die vom Gericht freigesprochen oder deren Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, die ihnen entstandenen Verfahrenskosten sowie alle sonstigen Nachteile aus dem Verfahren selbst tragen. Aufgrund oftmals lang andauernder und komplexer Verfahren in Verbindung mit der Belastung durch das Strafverfahren ließ sich eine rechtsstaatliche Vereinbarkeit hier nicht argumentieren. Da bereits vergangene Regierungsprogramme an der Erhöhung des Kostenersatzes bzw. einer Einführung von diesem im Falle eines Freispruchs scheiterten, war es ein großes Anliegen des ÖRAK einen fairen und angemessenen Kostenersatz nun umzusetzen.
Nach intensiven Verhandlungsrunden zwischen dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) und dem Bundesministerium für Justiz (BMJ) wurde im Juli 2024 schlussendlich ein Gesetz zur Neuregelung des Verteidigungskostenersatzes beschlossen. Besonders erfreulich ist die darin gestaffelt vorgesehene deutliche Erhöhung des Verteidigungskostenersatzes bei Freisprüchen in Hauptverfahren vor:
- Bezirksgericht bis zu € 5.000,– (bisher max. € 1.000,– )
- Einzelrichterin bzw. Einzelrichter am Landesgericht bis zu € 13.000,– (bisher max. € 3.000,– )
- Schöffen- bzw. Geschworenengericht bis zu € 30.000,– (bisher max. € 5.000,–/10.000,– )
Darüber hinaus ist die Einführung eines Verteidigungskostenersatzes bei einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens mit einer Höchstgrenze von € 6.000,– vorgesehen. Die jeweils neu definierten Höchstsätze können bei besonders komplexen Verfahren um 50 Prozent überschritten und bei Verfahren extremen Umfangs verdoppelt werden. Der erhöhte Kostenersatz soll auf all jene Verfahren anwendbar sein, in denen die verfahrensbeendende Entscheidung nach dem 01.01.2024 erfolgt ist. Um dieses Vorhaben zu bewerkstelligen, werden für das Jahr 2024 insgesamt rund 70 Millionen Euro aus dem Justizbudget zur Verfügung gestellt, was eine Erhöhung der bisher für den Verteidigungskostenersatz zur Verfügung stehenden Mittel um das Dreißigfache bedeutet. Der ÖRAK wird beobachten, ob die zur Verfügung stehenden Budgetmittel tatsächlich ausgeschöpft werden und sich für eine weitere Erhöhung des Budgetrahmens einsetzen, um einen angemessenen Kostenersatz in allen Verfahren sicherzustellen.
Für den Fachbereich: RA Dr.in Alix Frank-Thomasser / Jakob Brandstätter