Zulässigkeit der Datenverarbeitung (Teil 2): Berechtigtes Interesse des Verantwortlichen

Nachdem bereits die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund der Einwilligung der betroffenen Personen behandelt wurde, widmet sich dieser Artikel dem nächsten Erlaubnistatbestand.

Nachdem im letzten Beitrag die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund der Einwilligung der betroffenen Personen behandelt wurde, widmet sich dieser Artikel dem nächsten Erlaubnistatbestand: Art 6 Abs 1 lit f normiert, dass die Verarbeitung rechtmäßig ist, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Allerdings nur dann, wenn durch die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Es sind folglich die Interessen des Verantwortlichen gegen die Interessen der betroffenen Person abzuwägen. Je nachdem wessen Interessen überwiegen, ist die Verarbeitung rechtmäßig oder nicht. Die Interessen des Verantwortlichen müssen allerdings nochmal deutlich schwerer wiegen, wenn auf der anderen Seite der Waage die Interessen eines Kindes in der Waagschale liegen.

In anderen Worten ausgedrückt bedeutet das, dass ein Unternehmer personenbezogene Daten verarbeiten darf, wenn

  1. er ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung von personenbezogenen Daten hat, UND
  2.  die Person, von der die Daten stammen, kein Geheimhaltungsinteresse im Bezug auf diese Daten hat, das gegenüber dem Interesse des Unternehmers überwiegt.

Genauere Ausführungen, wie diese Interessenabwägung vorzunehmen ist, sind in Erwägungsgrund 47 zu finden. So sind zum Beispiel die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Ein berechtigtes Interesse auf Seite des Verantwortlichen könnte beispielsweise vorliegen, wenn zwischen einem Unternehmer als die für die Verarbeitung verantwortliche Person und einer betroffenen Person eine Beziehung besteht, zum Beispiel wenn die betroffene Person Kunde des Unternehmens oder bei diesem angestellt ist. Weiters kann die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.

Selbstverständlich kann es bei der Abwägung nicht auf die Sicht des Unternehmens ankommen. Dies würde seine eigenen Interessen wohl regelmäßig wichtiger einschätzen als die der Betroffenen. Vielmehr wird es Aufgabe der Gerichte und Behörden sein, in vielen Einzelfallentscheidungen die Linie zwischen rechtsmäßiger und rechtswidriger Verarbeitung zu ziehen. Momentan herrscht diesbezüglich noch eine ziemliche Rechtsunsicherheit und es ist noch nicht absehbar, für welche Situationen dieser Erlaubnistatbestand herangezogen werden kann.

Wie eine solche Einzelfallentscheidung in Zukunft aussehen könnte, wurde erst kürzlich vom Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-131/12 Google Spain vs. AEPD demonstriert: Hier wurde das wirtschaftliche Interesse von Google gegen das Interesse einer Person, nicht in der Ergebnisliste der Suchmaschine aufzuscheinen, abgewogen. Die Richter in Luxemburg stellten fest, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die von einem Suchmaschinenbetreiber vorgenommen wird, es jedem Internetnutzer ermöglicht, bei Durchführung einer Suche anhand des Namens einer natürlichen Person mit der Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu ihr im Internet verfügbaren Informationen zu erhalten. Somit kann ein detailliertes Profil einer Person erstellt werden. Dieser Eingriff in die Rechte der betroffenen Person wiege so schwer, dass er nicht allein mit dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers an der Verarbeitung gerechtfertigt werden kann.

Ausgangspunkt war das Missfallen eines Spaniers am Umstand, dass man bei der Suche seines Namens auf einen alten Zeitungsartikel stieß, der ihn mit einer Insolvenz in Verbindung brachte. Der EuGH sah in der Indexierung und Zurverfügungstellung von Links zu bestimmten Homepages durch Google als Verantwortlichen eine eigenständige Verarbeitung personenbezogener Daten, für die Google einen Erlaubnistatbestand braucht. Dieser Erlaubnistatbestand war die oben beschriebene Interessensabwägung. Laut EuGH überwiegten in diesem Fall aber die Interessen des Spaniers, der Erlaubnistatbestand fiel somit weg und die Verarbeitung war rechtswidrig.

Seitdem kann bei Google ein Antrag auf Löschung gestellt werden. Das Unternehmen prüft dann intern, ob die Interessen des Antragsstellers größer sind als die wirtschaftlichen Interessen von Google und die Interesse der Internetnutzer an genau diesen Informationen und löscht gegebenenfalls konkrete Links aus der Ergebnisliste. Entscheidet der Suchmaschinenbetreiber nicht im Sinne des Antragstellers, bleibt diesem der Weg zu Gericht.

Diese Entscheidung ist, wie immer im Falle einer Interessensabwägung, nur eine Einzelfallentscheidung und kann für andere lediglich eine grober Kompass sein, der zeigt, in welche Richtung die Reise geht. Unternehmen, die aufgrund dieses Erlaubnistatbestandes personenbezogene Daten verarbeiten, ist daher zu empfehlen, zukünftige Entscheidungen genau zu studieren und ihre eigene Datenverarbeitung gegebenenfalls anzupassen. Sollte es diesbezüglich Neuerungen oder Konkretisierungen geben, werden Wir Sie selbstverständlich darüber informieren.